Angenommen, jemand behauptet, ein Paar ist mehr als zwei, dann könnte man daraus schließen, entweder er kann nicht zählen oder er braucht eine Brille. Oder beides.
Ein bisschen Paar-Arithmetik
Wieviel ist 1 und 1?
Zwei!
Wieviele braucht es für ein Paar, sagen wir mal, Socken?
Zwei. (meistens, wenn nicht der eine oder andere im Bermudadreieck verschollen ist).
Und wieviele sind es, wenn sich eine Frau und ein Mann zusammentun?
Auch zwei.
Denkste.
Nein, nicht zwei, sondern irgendeine Zahl mehr als zwei, quasi eine unbekannte Zahl, jedenfalls größer als zwei.
Das ist doch Unsinn. Unlogisch und falsch. Das haben wir so in der Schule gelernt.
Ja, das stimmt schon. Bei Gegenständen und Rechenaufgaben trifft es zu. Aber für ein Paar geht die Gleichung so nicht auf.
Warum?
Tja, weil sich in einer Paarbeziehung mehr als zwei begegnen.
Ein Paar ist mehr als zwei: Stimmenkonzert
Wenn wir davon ausgehen, dass ein Paar mehr ist als zwei, dann müssen wir uns fragen, was mehr, oder wieviele mehr. Vielleicht sind es verschiedene Anteile unserer Persönlichkeit oder Teile einer „inneren Familie“. Oder die inneren Diskussionen um Probleme und deren Lösungen, die sich im Kreise drehen.
Die Gespräche mit sich selbst kennt jeder. Es sind erst mal innere Stimmen, die unser Selbst vertreten. Und diese innere Kommunikation ist nicht frei von Konflikten. Es kommen immer ein paar sich widersprechende Stimmen dazu. Man hadert mit sich, zweifelt an sich, hört die eine oder andere Stimme, auch aus der Vergangenheit. Und eh man sich versieht, befindet man sich in einem atonalen Stimmenkonzert.
Aber richtig kompliziert wird es erst, wenn der Partner auch in diese Selbstgespräche verstrickt ist.
Also, da haben wir dann folgende Situation: Zwei stehen sich gegenüber, sehen sich an, und wenn sie sprechen und zuhören sind intern Dutzende von Sprechern beteiligt, mischen sich ein und wollen unbedingt Recht bekommen.
Wer spricht da eigentlich mit wem über was?
Aus was bestehen Stimmen, was sagen Stimmen und wie machen die das? Sie machen es mit Worten. Stimmen bedienen sich der Sprache, bestehen also aus Wörtern und Sätzen.
Wenn sie beobachtet wie er den ganzen Nachmittag vor der Glotze rumhängt, drängt sich bei ihr leicht eine urteilende Stimme vor: Er ist faul und antriebslos. Und er denkt sich, die blöde Kuh ist nur negativ, nachdem sie nur abwertende Kommentare über sein Verhalten machte.
Wir bewerten uns ständig selbst, aber besonders gerne die anderen. Das ist ganz normal. So arbeitet unser Verstand. Entscheidend aber ist, was du mit den Bewertungen anfängst.
Du kannst sie einfach als das sehen, was sie sind. Etwas, was dir einfiel, als du ein bestimmtes Verhalten bemerkt hast, eben, er liegt halt auf der Coach. Oder du hältst deine Meinung über die Beobachtung, der hängt da faul rum, für die pure Wahrheit. Das ist halt meine Wahrnehmung.
Aber es sind nur Worte. Worte sind nicht wahr oder unwahr. Worte beschreiben, müssen nicht urteilen.
Und Worte lassen sich ändern. Auch die Stimmen und damit das Denken.
Also nochmal: Wenn sie ihn beobachtet wie er den ganzen Nachmittag vor der Glotze rumhängt, könnte sie denken: Wie schön, er entspannt sich und ruht sich aus. Und er könnte denken: Wow, da hab ich die beste aller Frauen, die versteht mich wirklich, und läßt mich auch mal in Ruhe.
Wenn wir offen sind für das was ist, also für das, was wir zunächst beobachten, ohne uns von unseren Stimmen kirre machen zu lassen, fällt es uns leichter, einfach nur wahrzunehmen und anzuerkennen: Ein Paar ist mehr als zwei.